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Aktuelles

Expertenwissen zum EU-Bio-Recht – einfach erklärt

In 11 Lerneinheiten bringen wir Ihnen die Verordnung 2018/848 mit allen Änderungs- und Ergänzungsverordnungen Schritt für Schritt im Detail näher – ganz bequem und egal wo sie gerade sind: daheim, im Büro oder unterwegs. Die Online-Lernplattform org-lex.eu, die das BLQ zusammen mit der GfRS zur Verfügung stellt, finden Sie unter https://www.org-lex.eu. Wenn Sie Interesse an einer Kursteilnahme haben, wenden Sie sich bitte an e-learning@remove-this.gfrs.de

Nichts ist so beständig wie die Veränderung

Das EU-Bio-Recht wurde seit dem Inkrafttreten der ersten EU-Bio-Verordnung 2092/91 im Jahr 1993 stetig ergänzt oder überarbeitet. Einer ersten großen Überarbeitung wurde das Bio-Recht 2007 und 2008 unterzogen. 2014 begann eine weitere Revision, die 2018 in die Veröffentlichung neuen Bio-Basisverordnung 2018/848 mündete.
Einen Überblick zum Rechtsrahmen einschliesslich des Sekundärrechts finden Sie am Ende dieser Seite.

Neben lebenden und unverarbeiteten Erzeugnissen einschließlich Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial, verarbeiteten Lebens- und Futtermitteln sowie Produkten aus Aquakultur und Imkerei gilt die EU-Bio-Verordnung auch für weitere landwirtschaftsnahe Erzeugnisse. Dazu gehören

  • Hefen, die als Lebens- oder Futtermittel verwendet werden
  • Mate
  • Zuckermais
  • Weinblätter
  • Palmherzen
  • Hopfentriebe und andere ähnliche genießbare Pflanzenteile und daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Meersalz und andere Salze für Lebens- und Futtermittel (Erzeugungsvorschriften noch nicht veröffentlicht)
  • Seidenraupenkokons
  • natürliche Gummis und Harze
  • Bienenwachs
  • ätherische Öle
  • Korkstopfen aus Naturkork (nicht zusammengepresst, und ohne Bindemittel)
  • Baumwolle (weder gekrempelt noch gekämmt)
  • Wolle (weder gekrempelt noch gekämmt)
  • rohe Häute und unbehandelte Felle sowie
  • traditionelle pflanzliche Zubereitungen auf pflanzlicher Basis.

Bio-Kritische Kontrollpunkte und Vorsorgemaßnahmen
Alle Betriebe und Unternehmen der ökologischen Lebensmittelwirtschaft müssen seit dem 1. Januar 2022 über ein Vorsorgekonzept im eigenen Verantwortungsbereich verfügen, mit dem das Kontaminationsrisiko von Bio-Produkten minimiert wird und eine wirksame Trennung von bio und konventionell sichergestellt wird. Die GfRS ist am BÖLN-Projekt Bio-KKP beteiligt. Entsprechende Vorsorgekonzepte sind bei den von uns zertifizierten Betrieben und Unternehmen unter der Bezeichnung "OCP-Konzept" seit vielen Jahren bekannt.

Bio-Pflanzen brauchen echten Boden
Bio-Pflanzen müssen auf gewachsenem Boden mit Kontakt zum Unterboden wachsen. Das gilt im Freiland wie im Gewächshaus. Nur Chicoree und Sprossen dürfen nach den gängigen Verfahren erzeugt werden. Die Betriebe  können Topfkräuter und Zierpflanzen in Töpfen und Containern aufziehen, wenn diese zusammen mit ihrem Topf bzw. Container an Endverbraucher:innen verkauft werden. Schnittlauchtreiberei ist nicht möglich.

Pflanzenvermehrungsmaterial

In erster Linie soll Bio-Saatgut und -Pflanzgut verwendet werden. Umstellungssaatgut und - pflanzgut, geerntet 12 Monate nach Umstellungsbeginn, darf im eigenen Betrieb ohne Genehmigung verwendet werden. Aus Zukauf darf Umstellungssaatgut und - pflanzgut nur verwendet werden, wenn kein vergleichbares ökologisches Material verfügbar ist. Für konventionelles, nach der Ernte unbehandeltes Saat- und Pflanzgut sind i.d.R. auch weiterhin Ausnahmegenehmigungen über die Saatgutdatenbank erforderlich.  Die Bundesländer können Allgemeinverfügungen für gar nicht in Bio-Qualität verfügbare Sorten erlassen. Noch bis Ende 2035 sollen Landwirte und Gärtner konventionelles Saatgut zukaufen dürfen, wenn es in Öko-Qualität nicht verfügbar ist. Diese Frist soll 2028 noch einmal überprüft werden. Dank unseres Projekts LeitfadenBioZier im Verbund mit Bioland und ABCert ist es gelungen, auch für Zierpflanzenbetriebe die EU-Kommission von einer praxistauglichen Lösung zu überzeugen.

Im Fokus: Die Förderung der Bodenfruchtbarkeit
Sowohl auf dem Acker wie auch unter Glas und in Dauerkulturen muss die Bodenfruchtbarkeit über den Anbau von Stickstofffixierern, Gründüngung und die Förderung der Artenvielfalt erhöht werden.

Bodenverbesserer, Dünge- und Pflanzenschutzmittel
Die Positivlisten finden sich in einem der sekundären Rechtsakte, der VO (EU) Nr. 2021/1165. Es gibt kaum Änderungen. Synergisten und Formulierungshilfsstoffe zu Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen bleiben zulässig, wenn sie nach Pflanzenschutzrecht zulässig sind.
Reinigungs- und Desinfektionsmittel im Bereich der tierischen Erzeugung finden sich im Anhang der vorgenannten Verordnung, in der pflanzlichen Produktion kommen gesetzliche Festlegungen erst später.

Angebot von Biotieren
Für Bio-Tiere gibt es eine Datenbank, mit deren Hilfe geprüft werden kann, ob Tiere aus Bio-Aufzucht verfügbar sind. Geflügel kann nur dann mit Ausnahmegenehmigung zugekauft werden, wenn es zum Zeitpunkt der Umstellung jünger als drei Tage ist, egal ob zur Mast oder zur Eiererzeugung.

Futter für Biotiere
Ziel ist Futter aus dem eigenen Betrieb oder - wenn dies nicht möglich ist - aus regionaler Kooperation stammen.
Bei Pflanzenfresser muß dieser Anteil 70% betragen, für Schweine und Geflügel 30 %.
Bis Ende 2026 dürfen Bio-Tierhalter noch bestimmte konventionelle Eiweißfuttermittel bis zu 5% an Ferkel mit einem Gewicht unter 35 kg und Küken verfüttern.
Zukaufs-Umstellungsfutter darf nur noch bis zu 25% der Jahresration verfüttert werden. Für eigenerzeugtes Umstellungsfutter gilt diese Grenze nicht, es darf unbeschränkt eingesetzt werden.

Endmast von Rindern ohne Freigeländezugang
Bullen und Ochsen benötigen auch während der Endmast Zugang zu Freigelände.

Anbindehaltung und Weidegang für Pflanzenfresser
Pflanzenfresser müssen stets Weidegang haben, wenn Boden und Witterung dies zulassen. Schutzmöglichkeiten gegen Hitze und andere widrige Witterungsbedingungen müssen vorhanden sein.

Schweinehaltung
Die den Schweinen zur Verfügung stehende Nettofläche im Stall umfasst die Innenmaße der Buchten einschließlich Futtertrögen, jedoch ohne Futterspender. Freigelände muss für Schweine attraktiv sein und nach Möglichkeit mit Bäumen bewachsen sein. Unterstände sollen vorhanden sein und den Schweinen sollen Möglichkeiten geboten werden, ihre Körpertemperatur zu regulieren.

Geflügelhaltung: Wintergarten rechnet nicht zur Stallfläche
Wintergärten (Veranden) für Legehennen sind zwar als Teil des Stalles in der EU-Bio-Verordnung verankert. Sie werden jedoch weder auf die Stallfläche angerechnet noch als Auslaufersatz anerkannt. Eine Anrechnung auf die Stallfläche ist nur möglich, wenn eine ganztägige Zugänglichkeit zum Stall gegeben ist und wenn sie vom Außenklima unabhängig sind.

Es können 20% des Bestands an konventionellen Schwärmen und Königinnen zugesetzt werden. Es darf auch klimabedingt Bio-Pollen gefüttert werden.

Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln
Die Positivlisten sind in einem separaten Rechtsakt gelistet.

  • Verschiedene Zusatzstoffe, u.a. E 322 Lecithine, E410 Johannisbrotkernmehl, E 412 Guarkernmehl, E 417 Tarakernmehl, E 418  Gellan und E 422 Glycerin, müssen aus ökologischer Produktion stammen.
  • E 460 Cellulose wurde als Zutat für Gelatine neu zugelassen.
  • E 401 Natriumalginat darf für Wurstwaren auf Fleischbasis verwendet werden. E 553b Talkum darf nur noch für die Oberflächenbehandlung von Wurstwaren auf Fleischbasis verwendet werden.

Verarbeitungshilfsmittel

  • Calciumchlorid darf auch als Koagulationsmittel für Wurstwaren auf Fleischbasis eingesetzt werden.
  • Carnaubawachs muss aus ökologischer Produktion stammen.
  • Essigsäure/Essig darf auch für pflanzliche Produkte verwendet werden.

Bio-Lebensmittel bestehen grundsätzlich aus 100% landwirtschaftlicher Bio-Zutaten. Nur noch wenige konventionelle Zutaten sind bis zu 5% erlaubt, sie sind in Anhang V der VO (EU) 2021/1165 benannt.

Für Reinigungs- und Desinfektionsmitteln existiert nur für die landwirtschaftliche Tierhaltung eine Positivliste. Bis zur Verabschiedung einer entsprechenden Positivliste gibt es noch keine spezifischen Regeln für die Verarbeitung.
Für Aromen gilt: Bei Bio-Lebensmitteln dürfen nur natürliche, aus Lebensmitteln gewonnene Aromaextrakte und natürliche Aromen aus dem namensgebenden Rohstoff (FTNF-Aromen z.B. natürliches Zitronenaroma) eingesetzt werden. Aromen werden in die Berechnung von Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs einbezogen.
Der Einsatz von Zutaten oder Stoffen mit technisch erzeugtem Nanomaterial in Bio-Lebensmitteln ist nicht erlaubt.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Vitamine und Mineralstoffe dürfen Bio-Babyprodukten zugesetzt werden.

Weinbereitung
Die Herstellung von Bio-Wein ist in Anhang II Teil VI der VO (EU) 2018/848 geregelt. Bei der thermischen Behandlung eine Temperatur von 75°C (bislang 70°C) nicht überschritten werden.
Argon darf nicht zum Durchperlen verwendet werden.
Hefen zur Weinbereitung müssen ökologisch sein, wenn die individuellen Hefestämme verfügbar sind. Weinhefen, z.B. als Hefeschönung, müssen jedoch aus biologischer Produktion stammen. Auch Casein muss aus biologischer erzeugung stammen, wenn es verfügbar ist. Pectinlyasen, Pectinmethylesterase, Polygalacturonase, Hemicellulase und Cellulase sind jeweils „nur für önologische Zwecke bei der Klärung“ zugelassen. Die Zulassung für „neutrales Kaliumtartrat“ wurde mit der Zulassung von Kalium-L(+)tartrat dem allgemeinen Weinrecht, der VO (EU) 2019/934, angepasst. Siliziumdioxid wurde um dem Hinweis „als Gel oder kolloidale Lösung“ ergänzt. Perlite, Cellulose und Kieselgur sind nicht mehr namentlich aufgeführt, die Zentrifugierung und Filtrierung, mit oder ohne inerte Filterhilfsstoffe gemäß Öko-Basisverordnung (EU) 2018/848 Anhang II Teil VI 3.3.b) ist jedoch weiterhin zulässig.

Verarbeitung von Bio-Futtermitteln
Die in Teil A der DVO 2021/1165 benannten Einzelfuttermittel sind in Einzelfuttermittel mineralischen Ursprungs und sonstige Einzelfuttermittel gegliedert. Die mineralischen Einzelfuttermittel sind auf die jeweilige Nummer im Katalog der Einzelfuttermittel gemäß der VO (EU) Nr. 68/2013 referenziert.
Die zugelassenen sonstigen Einzelfuttermittel mit Ursprung in Pflanzen, Algen, Tieren und Hefen sowie die zugelassenen Futtermittelzusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe wurden weitgehend übernommen. Neu sind bei den Futtermittelzusatzstoffen und Verarbeitungshilfsstoffen gecoatetes Natriumselenit-Granulat (Kennnummer 3b802) für alle Tierarten und Natriumselenat (Kennnummer 3b803), nur für Wiederkäuer.
Detailinformationen können den entsprechenden Positivlisten entnommen werden.

Die Anforderungen an die Bio-Zertifizierung von Küchen sind in Deutschland durch das Öko-Landbaugesetz national geregelt.

Seit dem 5. Oktober 2023 gilt in Deutschland die Bio-AHV-Verordnung. Unser BÖLN-Verbundvorhaben BioZertAHV hat hierfür unter breiter Beteiligung der Küchenpraxis inhaltliche Vorschläge erarbeitet.

Aktuell gibt es zwei Importoptionen:

  1. Die Öko-Produkte wurden konform zu den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung erzeugt und von einer durch die EU-Kommission anerkannten Drittlands-Öko-Kontrollstelle überprüft oder
  2. die Öko-Produkte stammen aus einem Drittland, das ein Handelsabkommen mit der EU geschlossen hat und entsprechen den Bedingungen und Vorgaben dieses Abkommens. Nur für solche Länder dürfen durch die EU auch weiterhin gleichwertige Produktionsvorschriften akzeptiert werden.

Die bisherige Liste der als gleichwertig anerkannten Drittlands-Öko-Kontrollstellen läuft 2024 aus, die der als gleichwertig anerkannten Drittländer Ende 2026.

Die aktuell gültige Liste der durch die EU anerkannten Drittländer und der durch die EU-Kommission anerkannten Drittlands-Öko-Kontrollstellen finden Sie hier.

Beim Importverfahren in die EU gibt es seit Jahresbeginn 2022 umfangreiche Änderungen, die im Detail im GfRS-Info-Service 4/2021 beschrieben sind.

Fertig verpackte Bio-Produkte, die nach der alten EU-Bio-Verordnung 834/2007 zertifiziert wurden,  können über den 1. Januar 2022 hinaus zeitlich unbeschränkt abverkauft werden. Dies gilt auch für Halbfertigprodukte, die Weiterverarbeitung muss jedoch nach den neuen Regeln erfolgen.

EU-Bio-Verordnung

Die EU-Bio-Basisverordnung vom 30. Mai 2018 einschliesslich ihrer Änderungsverordnungen ist seit Jahresbeginn 2022 das "Grundgesetz" für die Bio-Branche. Wählen Sie die aktuellste konsolidierte Fassung, in die die Änderungsverordnungen eingearbeitet sind.

» VO (EU) Nr. 2018/848


Die Verordnung (EU) 2017/625 legt die Anforderungen an die Durchführung der Bio-Kontrolle innerhalb der EU für alle Mitgliedsstaaten fest.

» VO (EU) Nr. 2017/625

Sekundärrecht zur EU-Bio-Verordnung

Produktion

VO (EU) Nr. 2020/464
IA: Tierhaltung, Verarbeitung, Verfügbarkeitsdatenbanken, Umstellung

VO (EU) Nr. 2023/2419
IA: Produktion und Kennzeichnung von ökologischem/biologischem Heimtierfuttermittel

VO (EU) Nr. 2020/2146
DA: Ausnahmeregelungen bei Katastrophenfällen

VO (EU) 2021/1189
DA:  Ökologisches heterogenes Material

VO (EU) Nr. 2021/1165
IA: Anhänge Betriebsmittel, Zusatzstoffe, Verarbeitungshilfstoffe

Kontrolle

VO (EU) Nr. 2021/279 
IA: Kontaminationen, Gruppenzertifizierung, Kontrollquoten, Rückverfolgbarkeit, Maßnahmenkatalog

VO (EU) Nr. 2021/771
DA: Rückverfolgbarkeitsprüfung, Massenbilanzen (Warenstrom), Gruppenzertifizierung

VO (EU) Nr. 2021/2119
IA: Aufzeichnungen Unternehmen

Drittlandsimporte

VO (EU) Nr. 2021/1698
DA: Drittlandsregelungen: Zulassungsabläufe, Überwachung, Kontrollregeln, Berichte…

VO (EU) Nr. 2021/1342
DA: Überwachung und Überprüfung gleichwertiger Drittländer/Kontrollstellen

VO (EU) Nr. 2021/1378
IA: Bio-Zertifikat Drittlands-Importe,  Liste Kontrollstellen

VO (EU) Nr. 2021/2306
DA: Kontrollbescheinigung, Grenzkontrollstellen

VO (EU) Nr. 2021/2307
IA: Zollanmeldungen, Teil-Kontrollbescheinigung via TRACES

VO (EU) Nr. 2021/2304
DA: Ausfuhrbescheinigung Antibiotika

VO (EU) Nr. 2021/2305
DA: Ausnahme Bio Importe Grenzkontrollstellen VO 2017/625

IA: Durchführungsrechtsakt, DA: delegierter Rechtsakt