1 Aktuelles zum Biorecht
1.1 FAQ-Dokument zur Öko-Verordnung erweitert
Die EU-Kommission hat die Frequently Asked Questions on Organic Rules mit ihren Auslegungen zum EU-Bio-Recht erneut aktualisiert (Stand 06.05.2025).
1.2 EU-Bio-Logo auf Produkten, die nicht in EU hergestellt wurden: Umsetzung Urteil noch unklar
Wie im Infoservice 4/2024 berichtet, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass aus Drittländern importierte Erzeugnisse nur dann das EU-Bio-Logo tragen dürfen, wenn sie vollständig gemäß den Vorgaben der EU-Bio-Verordnung erzeugt wurden. Wie das Urteil in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden soll, ist bislang noch nicht geklärt. Die EU-Kommission erarbeitet aktuell einen Vorschlag.
1.3 Arzneitees sind nicht EU-Bio-zertifizierungsfähig
Dies urteilte der EuGH. Auf der Umverpackung von Arzneitees dürfen kein EU-Bio-Logo und keine sonstigen Bio-Hinweise angebracht werden.
2 Landwirtschaftliche Erzeugung
2.1 Notfallzulassungen Pflanzenschutzmittel im Ökolandbau
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erließ folgende Notfallzulassungen:
- Quassiaextrakt MD zur Bekämpfung von Sägewespen in Kern- und Steinobst sowie der Hopfenblattlaus in Hopfen, befristet bis zum 04.08.2025.
- Novodor FC (Wirkstoff Bacillus thuringiensis subsp. Tenebrionis) gegen Kartoffelkäfer, befristet bis zum 27.08.2025.
Wichtig: Zusätzlich zu den BVL-Notfallzulassungen entscheiden die einzelnen Bundesländer, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Einsatz geduldet wird. Für Betriebe ist es daher unerlässlich, sich vor dem Einsatz von Quassia und Novodor bei der GfRS zu informieren.
2.2 Orientierungskatalog Biogaszusätze
Um die Bewertung der Zulässigkeit von Biogasgärresten einfacher zu machen, hat die FiBL Projekte GmbH zusammen mit weiteren Herausgebern einen Orientierungskatalog zum Einsatz von Biogaszusätzen im ökologischen Landbau veröffentlicht. Eine Haftung durch die Herausgeber wird ausgeschlossen.
2.3 Überarbeitung der VO (EU) 2021/1165 (landwirtschaftliche Betriebsmittel)
Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2025/973 traten zum 15. Juni 2025 verschiedene Änderungen in der VO (EU) 2021/1165 in Kraft:
Anhang I Pflanzenschutzmittel
Das Pheromon Lavandulylsenecioat (z.B. zur Bekämpfung der Wolllaus im Weinbau) und die geradkettigen Lepidopteren-Pheromone (z.B. zur Bekämpfung von Faltern im Obstbau) wurden als Wirkstoffe mit geringem Risiko aufgenommen.
Allgemein ist zu beachten, dass die im Anhang I aufgeführte Liste durch nationales Recht überregelt werden kann. Der Einsatz von Natriumhydrogencarbonat (Backpulver) ist z.B. seit Mai 2025 in Deutschland als Grundstoff im Weinbau nicht mehr zugelassen. Unter www.bvl.bund.de sind im Arbeitsbereich „Pflanzenschutzmittel“ aktuelle Listen zu in Deutschland im Ökolandbau zugelassenen Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmitteln sowie Grundstoffen und Notfallzulassungen zu finden.
Anhang II Düngemittel
Neben Steinmehl, Tonerden und Tonmineralen werden nun auch Sand und Ton explizit genannt. Vermiculit, Perlit und Sand können auch bei der Erzeugung von Sprossen verwendet werden.
Zur Vorbeugung von Calciummangel steht nun auch Calciumacetat für Gemüse in Gewächshäusern und Apfelbäume zur Verfügung.
Calciumphosphat aus Klärschlamm wurde als zulässiger Dünger aufgenommen. Das recycelte Calciumphosphat wird aus der Asche von verbranntem Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen gewonnen. Deutschland schreibt die Rückgewinnung des knappen Rohstoffs Phosphor aus Klärschlamm ab 2029 gesetzlich vor.
Mechanisch und ohne Zusätze hergestellte Matten aus Pflanzenfasern (z.B. Hanf- oder Kokosmatten) können für die Erzeugung von Sprossen verwendet werden, wenn keine Bio-Ware verfügbar ist.
Neu aufgenommen wurde Kohlendioxid zur Verwendung in Gewächshäusern und in der Algenproduktion.
Calcium- und Magnesiumgluconat aus mikrobieller Fermentation können Handelsdüngern zur Verbesserung der Pflanzenverfügbarkeit zugesetzt werden.
Anhang III Futtermittel
Im Anhang III Teil B wurden Futtermittelzusatzstoffe bislang überwiegend mit ihrer E-Nummer aufgeführt. Diese wurde nun durch den Code der jeweiligen Funktionsgruppen ersetzt.
- Neu aufgenommene Futtermittel für besondere Ernährungszwecke sind:
- Calciumpropionat: Zugelassen zur Verwendung ausschließlich für besondere Ernährungszwecke bei Milchkühen. Es trägt dazu bei, das Risiko von Milchfieber und subklinischer Hypokalzämie (Kaliummangel) zu senken.
- Eisen(II)-fumarat: Eingesetzt als Spurenelement zur Deckung des Eisenbedarfs bei Saugferkeln unmittelbar nach der Geburt.
- Neu aufgenommen in die Liste der sonstigen Einzelfuttermittel wurden Einzellerproteine aus Trichoderma viride und Aspergillus oryzae, Bacillus subtilis (proteinreich) sowie Calciumstearat.
- Die Verwendung von Lecithinen als Emulgator wird auf alle Tierarten ausgeweitet. Ab dem 1. Januar 2027 dürfen sie ausschließlich aus ökologischer Produktion stammen.
- Ein neuer Abschnitt mit Verarbeitungshilfsstoffen für die Futtermittelproduktion wurde ergänzt:
- Ethanol ist als Lösungsmittel für die Herstellung von Proteinextraktionsschroten und -kuchen zulässig.
- Papain (inaktiviert und ohne technologische Wirkung auf das Endprodukt) ist zugelassen bei der Herstellung geschmacksverstärkender Fleischextrakte für Heimtierfutter.
3 Aufbereitung/Verarbeitung
3.1 Überarbeitung der VO (EU) 2021/1165 (nachgelagerter Bereich)
Anhang V Teil A: Lebensmittelzusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe
Teil A ist nicht mehr in Abschnitt A1 (Lebensmittelzusatzstoffe) und A2 (Verarbeitungshilfsstoffe) unterteilt. Die Tabellen wurden zusammengelegt. In der ersten Spalte wurde bei einigen Stoffen zusätzlich zur E-Nummer (Klassifizierung von Zusatzstoffen) auch die EINECS-Nummer (Nummer zur Einordnung des Gefährdungspotentials chemischer Stoffe) ergänzt.
- Neu aufgenommen wurden:
- Gepufferter Essig E267 (nur aus ökologischer Produktion): darf als Zusatzstoff in Erzeugnissen pflanzlichen und tierischen Ursprungs eingesetzt werden. E267 hat gute konservierende und säureregulierende Eigenschaften und wird z.B. in Mozzarella oder Wurstwaren eingesetzt.
- Magnesiumchlorid E511: ist als Zusatzstoff (Koagulationsmittel bei Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs) zugelassen und wird vor allem zur Gerinnung von Eiweißen in Tofuprodukten verwendet. Mit Funktion als Verarbeitungshilfsstoff darf es als Klärungs- oder Flockungsmittel in Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs eingesetzt werden.
- Als Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs wurden neu eingestuft: Gepufferter Essig E267, Stark tocopherolhaltige Extrakte E306, Natriumtartrat E335, Kaliumtartrat E336, Kaliumnatriumtartrat E337, Tarakernmehl E417, Gellan E418, Glycerin E422, Bienenwachs E901, Carnaubawachs E903 und Erythrit E968. Diese Stoffe müssen künftig bei der Berechnung des Anteils konventioneller landwirtschaftlicher Zutaten berücksichtigt werden.
- Bienenwachs E901, Carnaubawachs E903 und Erythrit E968 müssen aus ökologischer Produktion stammen.
- Der Zusatzstoff Gellan E418 (ab 01.01.2026) sowie der Verarbeitungshilfsstoff Essigsäure müssen nicht mehr zwingend aus ökologischer Produktion stammen, nur noch sofern verfügbar. Vorsicht: Essig muss weiterhin in Bio-Qualität eingesetzt werden.
- Die Bezugsgrößen zur Begrenzung des Einsatzes von Natriumnitrit E250 und Kaliumnitrat E252 haben sich geändert. Früher waren die Zugabehöchstmengen auf 80 mg/kg begrenzt, ausgedrückt als NaNO2 bzw. als NaNO3. Nun ist die Zugabehöchstmenge auf 50 bzw. 55 mg/kg begrenzt, jedoch ausgedrückt als NO2-Ion bzw. NO3-Ion. Umgerechnet ändert sich durch die andere Bezugsgröße an der Menge kaum etwas. Die Stoffe sind bekannt als Pökelsalze und tragen in der Fleisch- und Wurstwarenherstellung zur Konservierung, Umrötung und Geschmacksgebung bei.
Anhang V Teil C: Stoffe für die Herstellung von Bio-Hefe
Neu zugelassen wurden Fermentationsaktivatoren (Nährstoffe aus Hefeextrakt oder Hefeautolysat) für die Herstellung von Bio-Primärhefe.
Anhang VI Produktion in Drittländern
Für die Verwendung in der ökologischen Produktion in Drittländern sind künftig zugelassen:
3.2 Reinigung und Desinfektion im nachgelagerten Bereich
Wie bereits mehrfach berichtet, sind für 2026 Änderungen hinsichtlich Reinigung und Desinfektion im Bereich Lagerung und Verarbeitung zu erwarten. Der Expertenrat EGTOP hat nun einen weiteren Bericht zu dem Thema mit Vorschlägen für Desinfektionsmittel erstellt.
4 Import/Export
4.1 Export aus der EU nach Japan
Die Gleichwertigkeitsvereinbarung zwischen Japan und der EU wurde um Wein und alkoholische Getränke, Tiere, Fleisch und tierische Produkte erweitert. Bislang galt diese nur für pflanzliche un-/verarbeitete Produkte. Die Produkte dürfen weiterhin mit EU-Bio-Zertifizierung nach Japan exportiert werden. Ein Exportzertifikat ist erforderlich und muss durch den Exporteur bei der GfRS beantragt werden.